Die auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone in Brüssel erzielten Ergebnisse sind unbefriedigend. Die getroffenen Absichtserklärungen geben keine Antwort darauf, wie der derzeitigen Krise kurzfristig entgegen getreten werden muss. Weiterhin wird ignoriert, dass die Krise zu einem erheblichen Teil auf gravierende Fehlentwicklungen an den Finanzmärkten und grundlegende wirtschaftliche Ungleichgewichte zurückzuführen ist. Doch trotz ausbleibender Erfolge der Fixierung auf Haushaltskonsolidierung beharrt die Bundesregierung auf ihren Plänen. Ziel ist nicht die Schaffung einer Finanzunion, sondern lediglich einer Sanktionsunion. Die SPD-Bundestagsfraktion hat in einem Antrag (PDF, 51 KB) ihre Alternative zu Schwarz-Gelb beschrieben.

Mittelfristig ist eine engere Abstimmung unter den Mitgliedern der Währungsunion notwendig als bisher vereinbart – das dringende Refinanzierungsproblem von mittlerweile mehreren Staaten und vielen Banken ist jedoch immer noch ungelöst. Wenn nicht die EZB eine noch stärkere Rolle als bisher übernehmen soll, dann ist die Sicherheit von Staatsanleihen auf andere Art und Weise herzustellen. – Doch dazu fehlt Bundeskanzlerin Merkel der Mut. Die Krise wird sich weiter verschärfen.

Die Entscheidung Großbritanniens, einer Änderung der bestehenden Verträge nicht zuzustimmen, war erwartbar. Die in der Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Eurozone getroffene Vereinbarung, dass neue Regeln im Eurowährungsgebiet in einem zwischenstaatlichen Vertrag aufgenommen werden sollen, kann sich jedoch als problematisch erweisen. Unklar ist, wie die Kompatibilität zwischen einem intergouvernementalen Vertrag und den europäischen Verträgen hergestellt werden kann. Die Regelung in einem internationalen Vertrag schwächt die Gemeinschaftsmethode. In diesem Zusammenhang bleibt vor allem ungeklärt, wie die europäischen Institutionen, Europäische Kommission und Europäisches Parlament, aber auch die nationalen Parlamente in die Verhandlungen und die Durchführung des Vertrages einbezogen werden sollen. Nur ein gemeinschaftliches, demokratisches legitimiertes Vorgehen ist hier akzeptabel!

Eine Antwort auf eine langfristige Perspektive bleiben die Regierungschefs nach wie vor schuldig. Vor allem fehlen konkrete Ideen für Wachstumsimpulse. Ohne wirtschaftliches Wachstum bleibt die Haushaltskonsolidierung ein aussichtsloses Unterfangen.

Die Koordinierung von Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik ist in einer Währungsunion notwendig. Diese Koordinierung muss allerdings mehr enthalten, als die von Bundeskanzlerin Merkel und Staatspräsident Sarkozy vorgeschlagene Sanktionsunion. Zudem ist noch völlig unklar, wie die verabredeten quasi automatischen Sanktionen überhaupt funktionieren sollen.

Anstatt Antworten auf zentrale Fragen zu geben, bleibt vieles im Nebulösen:

  • Den Rettungsfonds ESM vorzuziehen ist eine sozialdemokratische Forderung und ein im Interesse Europas notwendiges und auch hilfreiches Signal. Wie die parallele Laufzeit zwischen EFSF und ESM gestaltet werden soll, bleibt allerdings offen. Es gibt auch keinen Vorschlag zur Fortentwicklung des ESM zu einem echten Europäischen Währungsfonds (EWF).

  • Der Rettungsfonds ESM muss glaubhaft seine Stabilisierungsrolle übernehmen können. Das ist bisher nicht gewährleistet.

  • Erneut wird die derzeitig wichtige Rolle der EZB verschwiegen.

  • Die Entscheidung über Gemeinschaftsanleihen bzw. Eurobonds ist auf Juni 2012 vertagt worden. Spätestens bis zu diesem Zeitpunkt sollen Ratspräsident Van Rompuy, der Vorsitzende der Eurogruppe Juncker und
    Kommissionspräsident Barroso einen entsprechenden Bericht vorlegen.

  • Mit dem Verzicht auf die Beteiligung der Gläubiger ist die Bundeskanzlerin hinter bereits bestehende Vereinbarungen zurückgeblieben.

  • Die nationalen Notenbanken sollen dem IWF insgesamt 200 Mrd. Euro bereitstellen. Durch diesen Vorschlag sollen über den Umweg IWF die Hilfen für einzelne Staaten erweitert werden. Zu prüfen ist, ob dies im Widerspruch zum bestehenden Haftungsrahmen liegt, den Deutschland eingegangen ist.

Der Deutsche Bundestag muss in jedem Fall umgehend und umfassend in die weiteren Schritte einbezogen werden, damit er seine Integrationsverantwortung in vollem Umfang wahrnehmen kann.

Quelle: SPD-Bundestagsfraktion, Dezember 2011.