„Wie wirken sich Gesetze, die wir in Berlin beschließen, in der Praxis aus?“ Diese Frage beschäftigte den SPD-Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden der Bayern-SPD, Florian Pronold, bei einem Treffen mit Betriebsratsvorsitzenden von Baufirmen, die bei Stuttgart 21 Generalunternehmer sein werden, und Gewerkschaftern der IG BAU und der österreichischen Gewerkschaft Bau-Holz.

Das Treffen verstand sich als Fortführung eines Netzwerkes, das im Dezember in Stuttgart aus der Taufe gehoben wurde. Die Vision der Netzwerker heißt „Stuttgart 21 – Sauberste Baustelle Deutschlands“. Durch den Einfluss von Betriebsräten und Gewerkschaften sollen bei diesem Milliardenprojekt Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung keine Chance haben.

Pronold hob die Einzigartigkeit eines solchen Netzwerkes hervor und forderte auf, die Allianz noch zu vergrößern. Durch die Bündelung der Kräfte, Zusammenarbeit mit den Behörden und mit Unterstützung aus der Politik sei es möglich, Erfolge zu erzielen, von denen wir heute noch nicht einmal zu träumen wagten. Er erinnerte daran, dass in der Geschichte der Arbeiterbewegung Verbesserungen immer nur über Kampf erreicht wurden, dass aber heute für diesen Kampf neue Formen entwickelt werden müssten. Es käme vor allem darauf an, öffentlichen Druck zu entwickeln.

Der SPD-Politiker, der stellvertretendes Mitglied des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages ist, ließ keinen Zweifel daran, dass Stuttgart 21 verwirklicht werden wird. „Das Thema ist durch“, nachdem der Aufsichtsrat einen entsprechenden Beschluss gefasst hatte, ohne die offenen Finanzierungsfragen zu klären.

Für die Baufirmen sei nun absehbar, dass die eigentlichen Baumaßnahmen im Herbst dieses Jahres beginnen. Umso bedeutsamer sei es, dass sich Betriebsräte und Gewerkschaften auf die Fahne geschrieben hätten, gegen die auf Großbaustellen immer wieder vorkommenden skandalösen Zustände wie Unterschreitung von Mindestlöhnen, Sozialversicherungsbetrug und Vernachlässigung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes vorzugehen.

Einflussmöglichkeiten, auch für spätere Projekte, sieht der Politiker durch entsprechende Vergabegesetze, die wiederum von den jeweiligen Regierungskoalitionen abhängig sind. „Tariftreuegesetze gibt es dort, wo Rot-Grün regiert. Die Landkarte zeigt: Mit Schwarz-Gelb gibt es keine politisch gewollte Tariftreue.“

Pronold hörte sich auch von den Betriebsräten und Gewerkschaftern Berichte aus der Praxis an, wie beispielsweise Mindestlöhne umgangen werden und die Arbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erschwert wird. Er signalisierte Interesse und Bereitschaft, die Kommunikation mit den S21-Netzwerkern fortzusetzen.

Text IG Bau (Beitrag: Matthias Kirchner)