Augsburger Allgemeine Zeitung vom 28.05.2013: „Der SPD-Kandidat Peer Steinbrück hat den Bayer Florian Pronold in sein Team geholt. Im Interview spricht dieser von seiner neuen Aufgabe und den Tücken der Maut. Seit knapp vier Jahren steht Florian Pronold an der Spitze der bayerischen SPD: Nun kümmert sich der 40-Jährige in der Wahlkampfmannschaft von Peer Steinbrück um den Verkehr, die Infrastruktur und die Baupolitik. In der Partei gilt der Anwalt aus Niederbayern als gemäßigter Linker.“
Seit wann wissen Sie denn, dass Sie Schattenminister werden?
Pronold: Das mit dem Schatten ist so eine Sache – ich hoffe, dass ich etwas Licht in den Wahlkampf bringen kann. Wie ein dunkler Schatten liegt im Moment nur die Politik von Schwarz-Gelb über dem Land. Ein erstes Gespräch habe ich mit Peer Steinbrück beim Starkbieranstich auf dem Nockerberg vor über einem Jahr geführt.
Ihre Nominierung soll der bayerischen SPD auch etwas Schwung für den Landtagswahlkampf geben. Sind Sie der Quoten-Bayer?
Pronold: Die drei Bundesminister der CSU sind der beste Beweis dafür, dass Regionalquoten ohne Kompetenz eine Regierung nicht wirklich weiter bringen. Das ist bei uns Sozialdemokraten anders. Natürlich soll Bayern sich als zweitgrößtes und schönstes Bundesland auch im Kompetenzteam wiederfinden. Unter meiner Federführung hat die SPD-Bundestagsfraktion die Themen Infrastrukturkonsens und bezahlbares Wohnen intensiv bearbeitet. Gerade in der Fachwelt haben wir dafür viel Lob und Zustimmung bekommen. Die dort geleistete Arbeit war sicherlich der entscheidende Punkt für meine Berufung.
In ihrem Wahlprogramm verspricht die SPD einen Neuanfang in der Verkehrspolitik. Wie soll der aussehen?
Pronold: Unser Ziel ist es, die knappen finanziellen Mittel nicht nur aufzustocken, sondern das Geld auch gezielter einzusetzen. Wir wollen unter anderem mehr Güterverkehr auf die Schiene bekommen und setzen nicht wie Union und FDP auf immer größere Lkw, die so genannten Gigaliner. Dazu brauchen wir unter anderem mehr Umladeterminals und noch mehr elektrifizierte Gleise. Im Straßenbau hat der Erhalt für uns Priorität vor dem Neubau. Außerdem wollen wir die Belastungen der Bürgerinnen und Bürger reduzieren, vor allem durch einen verbesserten Lärmschutz. Wir werden das Umrüsten auf Flüsterbremsen bei Zügen nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben.
Eine Pkw-Maut würde jede Menge frisches Geld in den Verkehrsetat spülen. Warum sind Sie so strikt dagegen?
Pronold: Eine Autobahngebühr trifft vor allem die Menschen, die auf ihr Auto angewiesen sind. Ich komme aus dem Bayerischen Wald. Viele Menschen hier pendeln weite Strecken zur Arbeit, weil sie nicht in die nächste größere Stadt ziehen, sondern in ihrer Heimat leben wollen. Das Argument, dass wir in Österreich Maut bezahlen, die Österreicher aber nicht bei uns, kann ich zwar verstehen. Tatsächlich jedoch sind auf unseren Autobahnen nur etwa acht Prozent ausländische Fahrzeuge unterwegs. Die Maut, die ihre Halter bezahlen würden, würde gerade ausreichen, um die Verwaltungskosten für ein einfaches „Pickerl“ wie in Österreich zu decken – das haben wir nachgerechnet. Wir wollen stattdessen die Lkw-Maut ausweiten: Ein Lastwagen schädigt eine Straße bis zu 60000 Mal mehr als ein Pkw.
Nach dem Gewerkschafter Klaus Wiesehügel sind Sie das zweite Mitglied im „Team Peer“, das in vorderster Linie gegen Gerhard Schröders Reformpolitik gekämpft hat. Wie denken Sie heute über die Agenda 2010?
Pronold: Große Teile der Agenda habe ich immer für richtig gehalten, zum Beispiel das Zusammenlegen von Arbeitslosen- und Sozialhilfe oder den Ausbau der Ganztagsschulen. Andere Maßnahmen habe ich kritisiert, weil ich Sorge vor einer sozialen Schieflage hatte, beispielsweise beim Umgang mit älteren Arbeitslosen. Diesen Fehler haben wir noch in unserer eigenen Regierungszeit korrigiert und die Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld wieder verlängert. Für die Zukunft kommt es auf das SPD-Regierungsprogramm an. Da stehe ich zu 100% dahinter.