„Im Aikido Zentrum Willenbach wird wichtige Sozialarbeit geleistet“, waren sich die SPDler bei ihrem Besuch einig. In dem Weiler bei Reut werden neben der Aikido Kampfkunst auch verschiedene Jugend- und Lernprojekte angeboten. Von 2005 bis 2012 lief ein Wohnprojekt für schwierige Jugendliche, das jedoch eingestellt werden musste. „Maßnahmen zur Konflikt- und Aggressionsbewältigung sind wichtig für unsere Gesellschaft“ betonte die SPD-Landtagskandidatin Marion C. Winter, die zu dem Vor-Ort-Termin eingeladen hatte. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Pronold lobte die nachhaltige Präventivarbeit der Familie Maier, die das Aikido Zentrum betreibt: „Hier wird das Selbstwertgefühl junger Menschen gestärkt, hier bekommen sie Perspektiven aufgezeigt.“ Niemand dürfe zurückgelassen werden.

Pronold und Winter bedauerten die Einstellung des Projekts, bei dem jungen Menschen geholfen wird, die in schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen oder straffällig geworden waren. Es sei besser, Präventions-Kurse zu finanzieren, als darauf zu warten, dass die Jugendlichen weiter auf die schiefe Bahn geraten und am Ende im Strafvollzug landen.

Der Hof im Landkreis Rottal-Inn sei ideal für die Arbeit mit den Jugendlichen, so Robert Maier, der sich mit seiner Frau Kerstin vor fünfeinhalb Jahren hier ansiedelte: „In einer räumlich und emotional geschützten Umgebung können die Jugendlichen an sich selbst arbeiten und Erkenntnis und Reife finden.“ Ein friedfertiger, höflicher Kommunikationsstil werde angestrebt. Für die Bewusstseins- und Persönlichkeitsbildung besonders wichtig sei der Kontakt zur Natur, der Kindern und Jugendlichen aber durch zu viel Medienkonsum oft fehle. Zwar sei der Tagesablauf von 6 Uhr früh bis 21 Uhr straff durchorganisiert und die Nutzung von Medien wie Handy und Internet werde bewusst eingeschränkt, dennoch gebe es Freiräume, die das Verantwortungsbewusstsein stärken: Ähnlich des Montessori-Konzepts können die Jugendlichen wählen, welche Arbeiten wann erledigt werden.

Aikido basiere auf Selbstverteidigung, erläuterte Robert Maier, der die Kampfkunst mit seiner Frau in Japan trainiert hat. Bei einer Vorführung im Dojo, dem Übungsraum, konnten sich die Besucher der SPD ein Bild von den Wurf- und Haltetechniken machen, mit denen Angreifer neutralisiert werden können.

Beim Aikido und auch in der pädagogischen Arbeit mit den Jugendlichen gebe es keinen Wettbewerbsgedanken und keine Machthierarchien, sondern Entwicklungsstufen, erklärte die Pädagogin Kerstin Maier. Durch diese Haltung seien die Jugendlichen offen für Gespräche. „Wir wollen die Jugendlichen nicht ändern, sondern ihnen helfen, sich selbst zu ändern“, so Maier.
Die Aiki-Methode und das Konzept der sieben ritterlichen Tugenden erläuterten die Maiers anhand einer Power-Point Präsentation im Seminarraum.
„Eine dieser Tugenden hat auch die SPD in ihrem Programm: die Gerechtigkeit“, klärte Robert Maier auf. Die Frage, was ist gerecht, stelle sich jeden Tag. In der Wirtschaft oder in der Gentechnik sei ethisches Denken und Handeln nötiger denn je.

Die Gründe für die Einstellung des Projekts zur Stärkung schwieriger Jugendlicher seien vielfältig, so die Maiers: die Finanzmittel der Jobcenter seien von der Bundesregierung gestrichen worden, so dass einige Maßnahmen für Jugendliche derzeit nur privat finanziert werden können. Die Erweiterung des Internats werde durch unklare Zuständigkeiten blockiert. Im Antragsverfahren für Jugendhilfemaßnahmen gebe es so hohe bürokratische Hürden, dass man den Eindruck habe, dass man Jugendliche lieber im Gefängnis sehe als in Prävention zu investieren. Anders als in anderen Landkreisen üblich, erhielte der Trägerverein auch keine Finanzmittel aus Bußgeldern.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Pronold und die Landtagskandidatin Marion C. Winter waren sich einig, dass die Arbeit, die in Willenbach geleistet werde, gefördert werden müsse. Vorsorge sei besser als Nachsorge. „Das Hin- und Herschieben zwischen Zuständigkeiten muss beendet werden“, forderte Pronold. Winter betonte: „Diese Blockadehaltung ist nicht im Sinne der Landkreisbürger, die ja ein Interesse daran haben, dass Jugendliche nicht straffällig werden.“

Neben den Kursen, die Eltern selbst finanzieren, konzentriert sich das Aikido Zentrum künftig auch auf andere Zielgruppen: für Erwachsene gibt es Persönlichkeitsberatung und „Retreat“ – Auszeiten für ausgebrannte Führungskräfte und Arbeitnehmer. In Zusammenarbeit mit örtlichen Schulen werde ganzheitlicher Nachhilfeunterricht kombiniert mit Bewegung angeboten, denn dies erhöhe den Lernerfolg. Mit der Zertifizierung für den europäischen Freiwilligendienst wollen Kerstin und Robert Maier ein weiteres Standbein aufbauen und Aikido Zentren europaweit besser vernetzen.

Bei der Besichtigung mit dabei waren auch Kurt Vallée, Fraktionsvorsitzender der SPD im Landkreis, und Benjamin Lettl, SPD-Vorsitzender in Eggenfelden und Bezirkstagskandidat.

Über verschiedene Trägervereine werden die Maßnahmen in Willenbach organisiert: Das Jugendbildungswerk Rottal-Inn ist eine Kooperative zwischen dem Sozialverein „Ichikukai-Pädagogische Kampfkunst e.V.“, der als anerkannter Träger der freien Jugendhilfe Mitglied im Bayerischen Jugendring und im Paritätischen Wohlfahrtsverband ist, dem Sportverein „Aikido Zentrum e.V.“ und dem Institut für Integrales Lernen.

Foto: Robert Maier (Mitte) und Kerstin Maier (rechts) erläutern dem SPD-Bundestagsabgeordneten Florian Pronold (2. von links) und der Landtagskandidatin Marion C. Winter (3. von rechts) die Philosophie des Aikido. Mit dabei auch Benjamin Lettl, Bezirkstagskandidat (links) und Kurt Vallée (2. von rechts)