80 Milliarden Euro zusätzliche Zukunftsinvestitionen pro Jahr fordern das Kompetenzteam und Peer Steinbrück in dem Investitionsprogramm „Zukunftsinvestitionen für Deutschland. Für Wachstum, Beschäftigung, Innovation“. Kompetenzteam-Mitglied Florian Pronold erläutert im Interview mit SPD.de die Kernpunkte des Investitionsprogramms..

SPD.de: Am Mittwoch haben das Kompetenzteam und Peer Steinbrück das Investitionsprogramm „Zukunftsinvestitionen für Deutschland. Für Wachstum, Beschäftigung, Innovation“ veröffentlicht. Was sind die zentralen Punkte?

Florian Pronold: Deutschland braucht einen Modernisierungsschub durch eine Investitionsoffensive. Die Netzinfrastruktur für Verkehr, Energie und Daten sind vielerorts marode und veraltet. Bezahlbarer Wohnraum in den wirtschaftlichen Zentren wird immer knapper. Bildung ist chronisch unterfinanziert. Deutschland bleibt unter seinen Möglichkeiten, wenn wir nicht genug in unsere Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit investieren. Die Investitionslücke von heute ist die Wachstumsbremse von morgen.

Um für Wachstum und Beschäftigung zu sorgen, muss investiert werden: in Bildung, in wirtschaftsnahe Infrastruktur, in den Breitbandausbau. Zukunftsinvestitionen sind die Schlüsselfrage. Deshalb streben wir die Erhöhung unserer Zukunftsinvestitionen an. Wir wollen die Investitionsquote von 17 auf 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen. Das sind etwa 80 Milliarden Euro pro Jahr, die sich mehrheitlich aus privaten Investitionen, aber auch aus öffentlichen Investitionen zusammensetzen.

SPD.de: Wofür genau sollen die öffentlichen Investitionen verwendet werden?

Pronold: Wir wollen, dass Bund und Länder jedes Jahr gemeinsam 20 Milliarden Euro mehr in Bildung und Wissenschaft investieren. Wir wollen deutlich mehr als bisher in die Verkehrswege investieren. Deshalb werden wir die Investitionsmittel im Verkehrshaushalt um 20 Prozent auf jährlich 12 Milliarden Euro erhöhen. Wir wollen die kommunale Infrastruktur fit machen für die Zukunft. Wir werden die kommunale Finanzkraft erhöhen, indem der Bund Sozialleistungen übernimmt. Zusätzlich werden wir die Städtebauförderung auf 700 Millionen Euro jährlich anheben. Zudem wollen wir den Ausbau der Breitbandnetze konsequent vorantreiben.

Die Breitbandnetze sind die Lebensadern der Industrie 4.0. Es ist die zentrale Investition, um die digitale Spaltung unseres Landes zu verhindern. Wir werden den Ausbau der Breitbandbandnetze forcieren und zur Finanzierung Bürgerfonds für den Breitbandausbau auflegen, als Beispiel für neue Formen bürgerschaftlicher Beteiligung. Um den Notstand für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, werden wir 125.000 neue, tariflich entlohnte Stellen für Pflegepersonal schaffen. Dazu werden wird der Beitragssatz zur Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte steigen.

SPD.de: Wie sollen die 80 Milliarden Euro finanziert werden?

Pronold: Der größte Teil der 80 Milliarden Euro Zukunftsinvestitionen setzt sich aus privaten Investitionen zusammen. Verbesserte Infrastrukturen und öffentliche Güter sorgen dafür, dass sich private Investitionen wieder mehr lohnen und dass auch eine bessere gesamtwirtschaftliche Investitionsdynamik in Gang kommen kann. Die erhöhte Planungssicherheit einer Regierung Steinbrück, die klare und zuverlässige Rahmenbedingen für Investitionen bietet, wird das Investitionsklima verbessern. Zudem vergünstigen die niedrigen Realzinsen Investitionen. Auch die intelligente Mobilisierung von privatem Kapital für Infrastruktur-Investitionen – wie der Breitbandfonds – wird dazu beitragen, die privaten Potenziale für Zukunftsinvestitionen anzuheben.

Bei den staatlichen Investitionen gilt: Zukunftsinvestitionen dürfen nicht durch neue Staatsverschuldung erkauft werden. Im Gegenteil: Wir müssen im Sinne der Generationengerechtigkeit die Staatsschulden im Rahmen der Schuldenbremse zurückdrängen. Deshalb brauchen wir höhere Einnahmen und eine gerechtere Verteilung der Steuerlasten. Wir werden deshalb nicht alle für alle, aber einige Steuern für einige Starke erhöhen, weil starke Schultern mehr tragen können als schwache. Bei unserer Steuerpolitik gilt: Über 95 Prozent der Steuerzahler werden von der Erhöhung des Spitzensteuersatzes überhaupt nicht betroffen sein.

Die Mehreinnahmen aus den Steuererhöhungen werden in Deutschland re-investiert. Wir verbürgen uns dafür, die Mehreinnahmen vollständig für Zukunftsinvestitionen und zur Schuldentilgung zu verwenden. Den Nachweis werden wir jedes Jahr bei der Haushaltsaufstellung führen.

SPD.de: Was wird noch in dem Investitionsprogramm gefordert?

Pronold: Es ist Zeit, die Grundlagen für einen neuen wirtschaftspolitischen Ordnungsrahmen zu legen. Deutschland braucht eine neue Balance des Wirtschaftens. Wir wollen das Wachstums- und Stabilitätsgesetz ins 21. Jahrhundert überführen und ein neues Wachstums- und Wohlstandsgesetz zu einem neuen „wirtschaftlichen Grundgesetz“ machen. Ein solches Wachstums- und Wohlstandsgesetz muss sich an den Zielen materieller Wohlstand, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit der Staatstätigkeit und -finanzen orientieren.

Das ist das „neue magische Viereck“. Diese vier Ziele müssen zur Grundlage unseres Wirtschaftens werden. Ein solcher Neuansatz ist eine überfällige Antwort, um eine Ökonomie der Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Zukunftsorientierung zu ermöglichen.

Quelle: spd.de / 04.07.2013