Interview im Münchner Merkur: „Sieben Wochen nach der Landtagswahl spricht in Thüringen alles für eine rot-rot-grüne Regierung – mit der SPD als Juniorpartner. Die Basis stimmt derzeit per Mitgliederentscheid darüber ab. Bayerns Landesvorsitzender Florian Pronold könnte mit dieser Regierungsbeteiligung leben, hält die Linken aber ansonsten weiterhin nicht für koalitionsfähig.“
In Thüringen stehen die Zeichen auf Rot-Rot-Grün. Warum ist das aus Sicht der SPD eine gute Entscheidung?
Pronold: Das überlasse ich der SPD-Basis in Thüringen. Klar ist: Man muss mit dem Wählervotum verantwortungsvoll umgehen. Es gibt zwei Alternativen mit jeweils nur einer Stimme Mehrheit: ein rot-rot-grünes Bündnis oder eine Fortsetzung der Großen Koalition.
Erst nach der Abstimmung der Basis sollen offizielle Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden. Mit welchem Ergebnis rechnen Sie?
Pronold: Ich gehe von einer Zustimmung aus.
CSU-Chef Horst Seehofer findet, die Entwicklung in Thüringen sei schade für die Große Koalition in Berlin. Was entgegnen Sie ihm?
Pronold: Die CDU hat nach der Wende die Blockpartei CDU mit ihrem Vermögen und vielen linientreuen Mitgliedern übernommen. Die SPD hat in der DDR unter kommunistischer Verfolgung gelitten, weil sie die Demokratie nie verraten hat. Deshalb brauchen wir von anderen Parteien, die sich nicht so konsequent wie wir verhalten haben, keine Belehrungen in Sachen Demokratie.
Bodo Ramelow kann mit den Stimmen der SPD zum ersten Ministerpräsidenten der Linken werden. Ist er ein unbelasteter Politiker?
Pronold: Nachdem er nicht aus dem Osten kommt, stellt sich die Frage nicht.
Kann Thüringen der Startschuss für rot-rot-grüne Überlegungen bei der Bundestagswahl sein?
Pronold: Nein. Die Linke ist auf Bundesebene – wie in den meisten westdeutschen Bundesländern – vollkommen ideologisch und regierungsunfähig. Die Partei hier macht keinerlei Anstalten, Verantwortung übernehmen zu wollen.
An welchem Politikfeld machen Sie das fest?
Pronold: Der größte Unterschied zwischen uns und der Linkspartei liegt sicher in der Außenpolitik. Und generell gilt: Forderungen der Linken sind oft nicht zu finanzieren. Das Motto scheint zu sein: „Hauptsache, wir fordern doppelt bis dreifach so viel wie die SPD“.
Die SPD-Landesverbände gehen mit der Linkspartei sehr unterschiedlich um. Ticken die bayerischen Genossen konservativer als ihre Kollegen in den neuen Bundesländern?
Pronold: Die Linke in Bayern ist ein zerstrittener Haufen. Und jede Stimme für die Linkspartei bedeutet eine Verlängerung der CSU-Herrschaft, weil sie für den Politikwechsel fehlt. Deswegen gibt es über Kooperationen mit der Linken in meinem Landesverband überhaupt keine Debatte.
Quelle: Münchner Merkur, 30.10.2014.