MdB Brigitte Zypries und MdB Florian Pronold zu Gast im Landkreis Landshut – „Sicherheit im Internet“ war das Thema des Vortrags in Wörth an der Isar.
An Aktualität kaum zu überbieten war das Thema der SPD- Veranstaltung in Wörth mit der Bundesjustizministerin a. D. Brigitte Zypries „Sicherheit im Internet“. Kreisvorsitzende Ruth Müller wies in ihrer Begrüßung darauf hin, dass erst wenige Tage zuvor der aktuelle Cyberkrime- Report 2011 vorgestellt worden sei.
Rund 60.000 Fälle von Internetkriminalität habe es nach diesem Report im vergangenen Jahr gegeben, und der verursachte Schaden ist um 16 Prozent auf ca. 71,2 Millionen Euro gestiegen, berichtete die Kreisvorsitzende aktuellen Zahlen. Und das Thema passe auch hervorragend zur neuen Reihe der SPD „Bürgerdialog“, der gerade jetzt in Berlin starte.
Internet als Teilhabechance
Florian Pronold, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im deutschen Bundestag wies auf die Bedeutung des Internets für die Gesellschaft hin. Wie bei jeder neuen Technologie oder Errungenschaft gebe es Chancen und Risiken. Unbestreitbar sei jedoch, dass eine schnelle Internetanbindung eine wichtige Infrastruktureinrichtung in den Kommunen sei. Firmenansiedlungen werden nur noch dort stattfinden, wo ein leistungsfähiges Internet angeboten sei, so Pronold. Die Bayerische Staatsregierung müsse dafür sorgen, dass hier gleichwertige Lebensverhältnisse vorhanden seien. „Es dürfe keine digitale Zweiklassengesellschaft des Wissens und der Information geben“, so Pronold.
MdB Brigitte Zypries ging in ihrem fundierten Vortrag auf eine Vielzahl von Risiken im Internet ein. Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht, Jugendschutz und Datenschutz und Angriffe aus dem Netz seien wichtige Bereiche.
Technische Innovationen brauchen neue Regeln
Mit dem Internet sei ein neuer Raum der Möglichkeiten entstanden. Die Aufgabe des Staats müsse es nun sein, die Freiheit im Internet zu sichern. Es dürfe allerdings nicht bedeuten, dass diese „Freiheit“ nicht zu einem anarchischen Netz werde, in dem das Recht des Stärkeren oder technisch Versierteren gelte, so Zypries.
„Freiheit bedeutet für mich nicht Freiheit vom Recht, sondern Freiheit durch Recht.“
Es sei typisch für eine erfolgreiche technische Innovation, dass sie ihren Siegeszug ungeregelt starte. Doch je mehr Menschen sie betreffen und nutzen, umso größer werde der Regelungsbedarf. Bei der Erfindung des Fahrrads sei es so gewesen, und auch die Zunahme des Automobilverkehrs habe letztendlich dazu geführt, dass Verkehrsregeln für alle Verkehrsteilnehmer eingeführt wurden. Auch, um die Schwächeren zu schützen.
Im Internet seien Recht und Freiheit keine Gegner. Recht ist in der virtuellen wie in der realen Welt die Voraussetzung der Freiheit.
Im Unterschied zum Recht sei das Netz schnell und global. Recht gilt regional und sei nicht anonym wie im Netz sondern personalisiert.
Urheberrecht, geistiges Eigentum und Schutz der Kinder im Netz
Anhand einiger Beispiele erläuterte Zypries das Urheberrecht und den Schutz des geistigen Eigentums. Noch unter ihrer Amtszeit als Justizministerin sei im Bundestag der Abzocke in astronomischer Höhe ein Riegel vorgeschoben worden. Musikindustrie und Verlage müssten Kreative Geschäftsmodelle entwickeln, um den digitalen Download zu attraktiven Preisen zu ermöglichen, so Zypries.
Einer gemeinsamen Anstrengung aller Eltern, Erzieher und Politiker bedarf der Schutz der Kinder im Netz. Zypries sprach hier Kinderpornografie an, erläuterte den Begriff des „Groomings“, bei dem sich Erwachsene Täter eine kindliche Cyber- Identität zulegen, und kam auf das „Cyber- Mobbing“ zu sprechen. „Der Schutz der Persönlichkeit und das Recht auf informelle Selbstbestimmung müsse auch im Netz gelten“, machte die Politikerin deutlich.
Der Schutz der eigenen Daten müsse jedem User ein Anliefen sein. Wer online unterwegs ist, hinterlasse im Netz eine Datenspur, die auch Begehrlichkeiten der Unternehmen und der Politik wecken. Ähnlich sei es aber auch bei der Nutzung von Bonuskarten, die jeden Einkauf registrieren.
Angriffe aus dem Netz
Aus ihrer Tätigkeit als Staatssekretärin im Innenministerium wisse sie, dass für die Allgemeinheit eine große Gefahr durch Angriffe aus dem Internet ausgehe. Computerwürmer und Viren beschädigen die privaten Computer. In Deutschland finde alle zwei Sekunden irgendeine Art von Angriff auf das Internet statt. Alle Bereiche der Infrastruktur – Energiewirtschaft, Transportsysteme, die Gesundheitsversorgung, die Banken und Börsen sind vernetzt. Eine Sabotage würde zu einem unabsehbaren Chaos führen, deshalb müsse die Regierung zum Schutz der kritischen Infrastruktur ein Gesamtkonzept zur Cyberabwehr schaffen.
„Neue Technologien erfordern auch neue Regeln. Damit alle von den neuen Chancen profitieren können, müssen die Richtlinien so sein, dass Freiheit im Internet ermöglicht wird und nicht eingeschränkt werde, so Zypries.
Ein lokales Geschenk zum Abschied
Für den SPD- Ortsverein Wörth bedankte sich der Vorsitzende Armin Reiseck für den Besuch der beiden Bundestagsabgeordneten in seiner Heimatgemeinde. Es sei für ihn eine Ehre gewesen, als Anwalt mit der Bundesjustizministerin a. D. gemeinsam eine Veranstaltung durchzuführen. Aus seiner Praxis kenne er viele Fälle von Internetkriminalität, bei denen versucht worden sei, die Menschen abzuzocken. Er forderte, dass kostenpflichtige Internet- Angebote noch besser als bisher zu kennzeichnen sind, damit die Menschen wissen, mit welchen Gebühren sie zu rechnen hätten. Gemeinsam mit der Stadtverbandsvorsitzenden Anja König überreichten Armin Reiseck und Ruth Müller an Brigitte Zypries ein Buchgeschenk mit einem lokalen, beruflichen und historischen Bezug, wie Reiseck schmunzelnd feststellte: „Der Tuchhändler“ von Richard Dübell – ein historischer Kriminalroman aus der Zeit der Landshuter Hochzeit – verbunden mit der Einladung, im nächsten Jahr zu diesem Ereignis noch einmal nach Niederbayern zu kommen.
Zur Person:
MdB Brigitte Zypries:
Die Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Darmstadt und Darmstadt- Dieburg ist 58 Jahre alt und hat von 1972 bis 1977 in Gießen Rechtswissenschaften studiert. Nach der juristischen Staatsprüfung war sie von 1984 bis 1988 Referentin der Hessischen Staatskanzlei und von 1988 bis 1990 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht.
Seit 1991 ist Brigitte Zypries Mitglied der SPD und war bis 1997 Referatsleiterin und anschließend Abteilungsleiterin in der Niedersächsischen Staatskanzlei. Von 1997 bis 2002 war sie Staatssekretärin im Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales und wechselte 1998 mit Bundeskanzler Gerhard Schröder als Staatssekretärin in das Bundesministerium des Inneren mit Bundesminister Otto Schily. Sieben Jahre lang – bis 2009 war Brigitte Zypries Bundesministerin der Justiz.
Text: Kreisverband Landshut