Mehr bezahlbarer Wohnraum und lebendige Nachbarschaften
Was macht die Bundesregierung um diese Ziele zu erreichen? Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich der parlamentarische Staatssekretär im Bundesbauministerium, Florian Pronold, in einem Gasteitrag für die Zeitschrift Demo
„Die Städte wachsen seit Jahren. Das gilt nicht nur für die Großstädte, sondern auch für Mittelstädte und Hochschulstandorte: Mit ihrem Bildungs- und Arbeitsplatzangebot, guter Infrastruktur, vielfältigen Kultur- und Freizeitangeboten, Offenheit für unterschiedliche Lebensmodelle und Raum für Innovationen sind sie für viele, besonders für junge Menschen, attraktiv.
Das Wachstum der Städte und Ballungszentren stellt die Städte aber auch vor die große Herausforderung, genügend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, den sozialen Ausgleich in den Stadtteilen und der gesamten Stadt zu schaffen und beim Infrastrukturausbau Schritt zu halten.
Mit der Wohnungsbauoffensive und dem Programm „Neues Zusammenleben in der Stadt“ hat das Bundesbauministerium diese Herausforderungen aufgegriffen: Mit der Verdreifachung der sozialen Wohnraumförderung auf 1,5 Milliarden Euro geben wir den Ländern die Mittel, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dies liegt seit der Föderalismusreform 2006 in ihrer Verantwortung und wir erwarten, dass sie die Mittel dafür einsetzen und durch eigene Mittel aufstocken. Bayern jedoch macht das Gegenteil: der Freistaat hat die Landesmittel für die Wohnraumförderung 2015 und 2016 laut Haushaltsplan gegenüber 2014 trotz des hohen Bedarfs gekürzt. Auch 2015 wurden in Bayern weniger als 2.000 Sozialmietwohnungen gebaut und damit weniger als in Hamburg, das nur ein Siebtel der Einwohner hat. Der Verdreifachung der Mittel des Bundes steht eine Halbierung der Mittel des Freistaates gegenüber. Sozialer Wohnungsbau ist bei der CSU ein Totalausfall. Das zeigt: wir brauchen auch in Zukunft eine aktive Rolle des Bundes bei der sozialen Wohnraumförderung. Diese Aufgabe ist zu wichtig, um sie allein den Ländern zu überlassen.
Bauland zu vertretbaren Preisen statt zu Höchstpreis ist das A und O für bezahlbaren Wohnungsbau. Deswegen haben wir durchgesetzt, dass bundeseigene Grundstücke für den Bau von Sozialwohnungen verbilligt abgegeben werden können. Die Bundesanstalt für Immmobilienaufgaben muss dies nun auch umsetzen. Ebenso sind Länder und Kommunen mit ihren Grundstücken gefragt. Wo Bauland knapp und teuer ist, heißt das Gebot: Wohnsiedlungen nachverdichten, Brachen revitalisieren und Baulücken schließen. Statt in die Breite, müssen die Städte mehr nach innen und in die Höhe wachsen.
Das befördert die Novelle des Baugesetzbuches: Das neue „Urbane Gebiet“ erweitert die Möglichkeiten der Städte, lebendige nutzungsgemischte Quartiere und zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Gegenüber den herkömmlichen Gebietskategorien wie Wohngebiet, Gewerbegebiet und Mischgebiet schafft das „Urbane Gebiet“ mehr Gestaltungsspielraum. In „Urbanen Gebieten“ soll in Zukunft dichter und höher gebaut werden können – konkret in Zahlen: statt 60 Prozent dürfen 80 Prozent des Grundstücks überbaut werden. Die Geschossfläche darf zweieinhalb Mal so groß sein wie in Mischgebieten.
Unser Leitbild dabei ist eine Stadt der kurzen Wege mit einer lebendigen Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Kultur und Freizeit. Wenn die Städte in Zukunft mehr nach innen und in die Höhe wachsen, bedeutet das auch weniger Flächenverbrauch und weniger Verkehr, als dies in der autogerechten Stadt der 60er Jahre mit ihrer Trennung von Wohnen und Arbeiten der Fall war.
Um den unterschiedlichen Nutzungsansprüchen in einem gemischten Quartier gerecht zu werden, sollen in urbanen Gebieten höhere Lärmimmissionswerte durch Gewerbe zugelassen werden. Für die neue Gebietskategorie wird die Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm tagsüber Werte erlauben, die gegenüber den Kern-, Dorf- und Mischgebieten um drei Dezibel leicht erhöht sind, aber deutlich unter den Werten von Gewerbegebieten liegen. Die Wahrung gesunder Lebens- und Arbeitsverhältnisse ist und bleibt Grundlage bei jeder Planung. Schallschutzfenster und eine intelligente Grundrissgestaltung bieten zusätzlich Möglichkeiten, Wohnen und andere Nutzungen in Einklang zu bringen, ohne aber die Gewerbetreibenden aus ihrer Verantwortung für die Einhaltung der Lärmrichtwerte zu entlassen. So können auch innerstädtische Brachflächen leichter wieder aktiviert: Gewerbetreibende finden neue innenstadtnahe Räume, Wohnungssuchende ein neues Zuhause.
Zugleich wollen wir die Nutzungsmöglichkeiten von Sportplätzen ausweiten, denn Sport hat eine wichtige soziale, integrative und gesundheitliche Funktion. Schon lange fordern Sportvereine und Kommunen eine Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung. Das setzen wir jetzt um, denn auch die Lebensgewohnheiten haben sich geändert. Die Immissionsrichtwerte in den Abendstunden und mittags an Sonn- und Feiertagen werden an die ansonsten tagsüber geltenden Werte angepasst und um 5 Dezibel erhöht. Damit wird der Zeitraum, während dessen Sportanlagen in den Ruhezeiten genutzt werden können, um etwa das Dreifache verlängert. Wenn eine Sportanlage bisher wegen ihrer Nähe zur Wohnbebauung beispielsweise innerhalb der abendlichen Ruhezeiten nur 40 Minuten genutzt werden konnte, so ist mit der Neuregelung eine Nutzung während der gesamten zweistündigen Ruhezeit zulässig. Zusätzlich können die Abstände zwischen Sportanlagen und heranrückender Wohnbebauung in etwa halbiert werden. So kann neuer Wohnraum entstehen, ohne dass die Nutzungsmöglichkeiten der Sportanlagen eingeschränkt werden. Um Sport zu machen, soll keiner bis an den Stadtrand fahren müssen. Der nächste Sportplatz soll möglichst zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen sein.
Neubau und Nachverdichtung werden aber nur dann Akzeptanz finden, wenn zugleich ein lebenswertes Wohnumfeld mit Grün- und Freiflächen und einer guten Infrastruktur entsteht, und wenn die Bewohnerinnen und Bewohner die Chance bekommen, sich an der Gestaltung ihres Lebensumfeldes aktiv zu beteiligen. Mit der Städtebauförderung unterstützt der Bund die Kommunen bei Investitionen in die Stadtentwicklung. Mit 1 Milliarde Euro für Programme wie „Soziale Stadt“, „Stadtumbau“ und „Kleinere Städte und Gemeinden“ sowie dem neuem Investitionspakt „Soziale Integration im Quartier“ erreichen die Bundesmittel 2017 einen Höchststand – wir haben sie gegenüber 2013 verdoppelt. Mit dem Investitionspakt fördern wir ab 2017 kommunale Sanierungsmaßnahmen in Schulen, Kitas oder Stadtteilzentren, denn gerade dies sind Orte der Integration für alle Menschen in einer Nachbarschaft. Dabei geht es uns nicht nur um die großen Städte: 47 Prozent der gesamten Städtebauförderung des Bundes sind bis heute in ländliche Kreise geflossen. Damit profitieren sie gegenüber dem städtischen Raum sogar überproportional. Keineswegs sind dort nämlich die Herausforderungen geringer. Es geht uns darum, im ländlicher Raum Ankerpunkte zu erhalten, interkommunale Kooperationen und damit wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven zu fördern und die Daseinsvorsorge zu sichern. Mit der Städtebauförderung investieren wir in den gesellschaftlichen Zusammenhalt – innerhalb der Städte und zwischen den Regionen.“