Als erstes Industrieland weltweit wird Deutschland aus Kohle und Atom aussteigen. Das Gesetz zum Kohleausstieg trägt dazu bei, dass Deutschland das Pariser Klimaabkommen erfüllen wird. Gleichzeitig ist es gesellschaftlicher Kompromiss, der nach sehr kontroversen Diskussionen gefunden wurde.
In der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (KWSB) wurde ein Kompromiss gefunden, der von vielen gesellschaftlichen Gruppen getragen und mitgestaltet wird: von Gewerkschaften, Unternehmen, der Wissenschaft, Umweltverbänden und anderen Gruppen. Und diese Empfehlungen der Kohlekommission werden nun – mit kleinen Abweichungen – mit dem Kohleausstiegsgesetz umsetzt. Deutschland wird bis spätestens 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen. In den kommenden Jahren werden wir immer wieder überprüfen, ob wir Stilllegungen vorziehen können (2026, 2029, 2032). Das entschädigungsfreie Vorziehen des Ausstiegs um drei Jahre haben wir für alle nach 2030 vom Netz gehenden Kraftwerke ermöglicht. Der internationale Emissionshandel macht es sehr wahrscheinlich, dass einige Kraftwerke schon deutlich früher vom Netz gehen werden.
Im Kohleausstiegsgesetz wird gerade nicht festgehalten, dass die Verbrennung von Kohle bis zum Jahr 2038 als notwendig erachtet wird; denn die Feststellung einer energiepolitischen und – wirtschaftlichen Notwendigkeit betrifft ausschließlich den Tagebau Garzweiler, dessen energiewirtschaftliche Notwendigkeit bereits im Jahr 2016 durch das hierfür zuständige Bundesland Nordrhein-Westfalen festgestellt wurde. Wie viel Kohle am Ende des Tages in Garzweiler II gefördert worden sein wird, wird sich zeigen. Denn schließlich ist dies von der Entwicklung des allgemeinen Marktumfelds für die Braunkohleverstromung insgesamt abhängig.
Auch wird die Bundesregierung keinen exklusiven Vertrag mit der RWE zur Kohleförderung in Garzweiler II bis 2038 abschließen. Wir schließen allerdings einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit den Braunkohle-Kraftwerksbetreibern ab, mit dem diese auf Klagen vor deutschen und internationalen Gerichten verzichten. Das verhindert neue unkalkulierbare Kosten und schafft Rechts- und Planungssicherheit für alle Beteiligten.
Der Ausbau erneuerbarer Energien muss mehr Schwung bekommen. Gut, dass wir endlich nach langem Kampf der SPD im Bundestag den sog. „Solardeckel“ – eine Begrenzung des Zubaus an Photovoltaikanlagen – abgeschafft haben. Aber die Novellierung des EEG muss vom Bundeswirtschaftsminister rasch vorgelegt werden. Unser Ziel: Ausbau von Wind und Photovoltaik, eine stärkere finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern an den Erlösen der Windenergie, eine Reform des Mieterstroms und eine bessere Förderung großer Solar-Dachanlagen. Mindestens Zweidrittel der Stromerzeugung muss bis 2030 erneuerbar sein.
Schließlich sorgen wir dafür, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die heute noch von der Kohle leben, eine neue Perspektive bekommen. Wir stellen den Kohleregionen dafür in den kommenden Jahrzehnten 40 Milliarden EUR zur Verfügung. Erste Gelder dazu sind bereits geflossen. Wir wollen es gerade nicht dem Markt überlassen, was mit den Beschäftigten in den Kohleregionen passiert. Wir wollen in nachhaltige Zukunftskonzepte investieren.
Nachfolgende Generationen sollen sich auf den Kohleausstieg in Deutschland verlassen können und deshalb ist es so wichtig, dass der Ausstieg auf einem gesellschaftlichen Konsens beruht. Beim Atomausstieg haben wir „bitter“ und „teuer“ erfahren müssen, wie brüchig ein Ausstieg ohne gesellschaftlichen Konsens ist. Jede neue, politische Mehrheit (damals CDU/CSU und FDP) kann alles umkehren. Das darf bei der Klimapolitik in Deutschland nicht passieren.
Ich verstehe, dass Vielen das Datum 2038 zu spät für einen Kohleausstieg in Deutschland erscheint. Für den weltweiten Klimaschutz kommt es nicht darauf an, ob Deutschland ein paar Jahre früher aussteigt. Es kommt darauf an, dass der Ausstieg funktioniert, dabei neue Arbeitsplätze entstehen und der Umstieg auf eine nachhaltigere Wirtschaftsweise vorgelebt wird – und dass andere Länder dem Beispiel folgen. Deutschland ist eine sehr starke Wirtschafts- und Exportnation. Trotzdem ist „unser“ Anteil am weltweiten CO2 – Ausstoß bei etwa zwei Prozent.
Wie mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das mein früherer und leider verstorbene SPD-Bundestagskollege Hermann Scheer (Autor von „Sonnenstrategie“) unter rot-grüner Regierung vor 20 Jahren in Deutschland durchgesetzt hat, können wir auch beim Kohleausstieg Vorreiter für den Rest der Welt sein. 113 Länder und Regionen weltweit wenden inzwischen Einspeise- und Vergütungsregelungen an, die denjenigen des EEG ähneln, um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben. Bereits seit 2014 wird ein Großteil der Neuinvestitionen in die Herstellung Erneuerbarer Energien gesteckt und nicht mehr in die fossiler Energieträger. Somit haben wir den Anstoß für eine andere Energiepolitik weltweit gegeben, ohne die ein Erreichen der Klimaziele niemals möglich wäre. Genauso muss es uns jetzt gelingen, dadurch, dass wir einen Kohleausstieg gemeinsam mit dem Atomausstieg hinbekommen, der gleichzeitig neue wirtschaftliche Impulse setzt und unsere Wirtschaftsweise nachhaltig umkrempelt.
Einen ausführlichen FAQ zum Kohleausstieg finden Sie auf der Homepage des Bundesumweltministeriums.
Weitere Informationen zum Kohleausstieg und Strukturwandel finden Sie auch auf der Homepage des Bundeswirtschaftsministeriums.